Sunny Nelson & Abel Tasman Nationalpark

In Wellington besteigen wir die Fähre, die uns innerhalb von dreieinhalb Stunden auf die Südinsel bringt. Obwohl die Kinder leicht enttäuscht sind, da sie eine Kabine wie auf der AIDA erwartet haben, geniessen wir alle die Überfahrt. Léan und Maël freunden sich schnell mit einem dreijährigen Mädchen aus Deutschland an, mit der sie glücklich spielen, Claudia holt etwas Schlaf nach und ich versinke in einem Thriller von Lisa Gardner.

 

Bevor wir in Picton ankommen, passieren wir die Fjordlandschaft der Marlborough Sounds und ich weiss wieder, warum die Südinsel Neuseelands mein absoluter Favorit ist. Im Gegensatz zur Nordinsel ist sie meiner Meinung nach abwechslungsreicher, beeindruckender und die Menschen sind entspannter. Wir freuen uns auf jeden Fall sehr darauf, eineinhalb Monate hier verbringen zu dürfen und steigen deshalb auch ohne den Genuss einer eigenen Kabine glücklich von Bord.

 

Auf der Südinsel erwartet uns nun Einiges: Wir werden hier Maëls sechsten Geburtstag feiern, die Adventszeit verbringen, Weihnachten geniessen und kurz vor Silvester schliesslich in unser vorerst letztes Reiseabenteuer starten.

Nach einer Nacht in Picton, die wir in einer einfachen Cabin auf dem Campingplatz verbringen, steigen wir in unseren neuen Mietwagen und fahren damit der Nordküste entlang nach Motueka. Motueka ist ein sonniges Städtchen direkt am Eingang des Abel Tasman Nationalparks und gehört zu den wärmsten und sonnigsten Gegenden Neuseelands. Wir wohnen hier bei Melanie und ihren drei Kindern in einem kleinen Cottage. In den Sommermonaten verlässt die Familie ihr Haus und das dazugehörige Cottage und vermietet beides an Touristen, während sie selber auf einem Campingplatz wohnt.

 

Das Cottage ist wirklich winzig: Es besteht aus einem kleinen Zimmer mit vier Betten, einer sehr dürftigen Kochnische und einem kleinen Badezimmer. Da es an den ersten beiden Tagen regnet und kühl ist, wird es uns schnell zu eng und wir merken, dass wir zunehmend gereizter und angespannter werden. Zum Glück erkennen die Wettergötter unsere aufkommende Krise und wenden sie ab dem dritten Tag mit strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen ab.

 

Und plötzlich wird das winzige Cottage zum Paradies: In nur zehn Minuten sind wir an einem wunderschönen goldenen Sandstrand, im Städtchen hat es ein super leckeres Thai-Restaurant und wir entdecken eine Stelle an einem Fluss, an der die Kinder stundenlang klettern können, während wir faul in der Sonne sitzen. Ausserdem können wir uns hier überall mit frischen Früchten eindecken oder ein leckeres Fruchteis essen, bei dem hier die Früchte direkt bei der Bestellung frisch ins Eis gemixt werden.

 

Auf das Wochenende kommen ausserdem Melanie und die Kinder zurück und auch ohne ein Wort voneinander zu verstehen, spielt die ganze Kinderschar freudig im riesigen Garten. Gemeinsam malen die drei, sechs und neunjährigen Wirbelwinde gemeinsam mit unseren Mäusen Drachenbilder, klettern auf Bäume, rennen in der Badehose durch den Wasserschlauch und sind einfach nur glücklich. Die Truppe versteht sich so gut, dass sich Melanies Kinder sogar weigern, mit ihr einkaufen zu gehen, weil sie lieber bei uns weiterspielen wollen. Also passen wir auf die Kinder auf, woraufhin unsere Mäuse im Anschluss mit einem leckeren Abendessen versorgt werden. 

 

Hier in Motueka feiert Maël schliesslich auch seinen sechsten Geburtstag. Kaum zu glauben, dass wir nun schon seit sechs Jahren eine kleine Familie sind! Als er morgens früh um neun (ja, ihr Lieben, dass ist momentan unser Alltag) seine Augen aufschlägt, erwartet ihn ein Tisch voller Briefe, Karten, Bilder und Geschenke: All seine Freunde und unsere Familien haben an ihn gedacht und ihm Post ans andere Ende der Welt geschickt. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie glücklich und neugierig wir alle waren, Neuigkeiten und Glückwünsche von daheim zu erhalten! <3

 

Nach einem Frühstück mit dem obligatorischen Geburtstagskuchen haben wir ihn mit einem Besuch einer Tropfsteinhöhle überrascht. Neben beeindruckenden Stalaktiten und Stalagmiten war der Besuch der Cathedral der Höhle (dem grössten und somit schallintensivsten Raum) das absolute Highlight: Während Maël auf einen Stein in der Mitte des Raumes stehen durfte, haben wir ihn gemeinsam mit dem Guide und zwei Amerikanern mit einem lauten "Happy Birthday to you" besungen.

 

Abgeschlossen haben wir den Tag schliesslich mit einem Kinoabend in unserem kleinen Cottage: Hier durfte Maël endlich seinen lang ersehnten "Drachenzähmen leicht gemacht"-Film schauen, was er sich schon sooo lange gewünscht hatte... Mami und Mama waren da nämlich streng, weil der Film erst ab sechs Jahren empfohlen wird - doch das Warten hat sich gelohnt, da das Filmerlebnis somit nur noch schöner und besonderer wurde. Wir werden also weiterhin streng sein, sorry Maël... ;-)

 

Das allergrößte Geschenk habe übrigens ich selber an diesem Tag erhalten... Dank meinem Retter Philippe ist nämlich pünktlich zu Maëls Geburtstag mein neuer Laptop aus der Schweiz eingetroffen, dank dem ich endlich mit dem Blog weitermachen konnte! Ja, ich weiss, etwas unfair, wenn das Geburtstagskind selber sein "richtiges" Geschenk erst nach unserer Rückkehr bekommt... Aber hey, wer war das nochmals mit den 48 Stunden Wehen und dem anschliessenden Notkaiserschnitt?!? Eigentlich habe ich da doch jedes Jahr am 19. November ein Geschenk verdient, nicht?! ;-)

Wir merken schnell, dass wir unbedingt eine etwas grössere Unterkunft brauchen - genauso schnell merken wir jedoch, dass alles in uns nach einer Pause schreit. Wir sind jetzt schon mehr als viereinhalb Monate unterwegs und obwohl wir uns immer auf neue Abenteuer freuen, ist das ständige Ein- und Auspacken, das sich wieder Zurechtfinden und das viele Weiterziehen auch anstrengend. So beschliessen wir spontan, die Wärme der Gegend noch länger zu geniessen und einfach mal ein bisschen am gleichen Ort zu bleiben. 

 

Wir finden ein Einfamilienhaus in Nelson, einem wunderschönen Städtchen, in das wir uns sofort verlieben. Für zwei Wochen packen wir komplett alles aus und fühlen uns schnell so richtig zu Hause. Das Haus hat zwei Schlafzimmer, ein grosses Wohn- und Esszimmer, eine top ausgestattete Küche, einen Garten, eine Waschküche und sogar zwei Badezimmer. Es liegt direkt an einem kleinen Fluss, an dem wir bis zum Hafen spazieren können. In Nelson können wir auch sonst alles zu Fuss erledigen: In nur fünf Minuten sind zwei Spielplätze zu erreichen, in zehn Minuten sind wir im Stadtzentrum und in zwanzig Minuten im "Centre of New Zealand", dem Mittelpunkt des Landes, von wo aus man einen phänomenalen Blick über die ganze Region geniessen kann. 

Ausserdem kann man von Nelson aus viel unternehmen. Motueka und der Abel Tasman Nationalpark liegen nur 40 Autominuten entfernt. Und so fahren Maël und ich nochmals mit dem Schiff an den Küsten des Paradieses entlang, wobei wir nicht nur traumhafte Buchten sondern auch wilde Seehunde entdecken.

 

Ausserdem ist die ganze Gegend ein bekanntes Hopfen- und Weinparadies. Während wir an den vielen Weinbaugebieten eher desinteressiert vorbeifahren, halten wir hier bei vielen Craft Beer Brauereien an, die mit ihren Innovationen Claudias Herz höher schlagen lassen. Und auch ich leiste biertechnisch vollen Einsatz: Pünktlich zum 1. Dezember schaffe ich es auch hier am anderen Ende der Welt für meine Frau einen Craft Beer Adventskalender zu organisieren, der nun fleissig verköstigt wird... Marktforschung - ihr wisst schon... ;-)

In Nelson selber besuchen wir ausserdem noch viele Spielplätze, einen winzigen Tierpark, eine Peanut-Butter-Factory und den Friseur. Maël hat es in der Zwischenzeit nämlich wirklich geschafft, seine Haare so lange wachsen zu lassen, dass er seine lang ersehnte "Wikinger-Frisur" umsetzen konnte. Léan findet die Frisur ihres Bruders übrigens super (wir auch!). Mami und Mamma hat sie nach dem Haareschneiden jedoch eröffnet, dass diese jetzt "blöd" aussehen... Wie war das nochmals mit Kindern und der Wahrheit? :-(

 

Und dann gönnen sich Maël und Mamma noch einen Frozen-2-Kinobesuch, der mich so neidisch macht, dass ich am nächsten Tag alleine ins Kino pilgere, weil ich den Film unbedingt auch schauen möchte. Und so gebe ich es offen und ehrlich zu: Ich finde Frozen suuuuper! :-) Endlich mal ein Königinnen- und Prinzessinnen-Film ohne irgendwelche schwache-Mädchen-Klischees - und übrigens auch sehr Coming-Out kompatibel - ich hoffe ja immer noch, dass Elsa in Frozen 3 eine Freundin an die Seite bekommt...

Ja, und dann bedeutet eine Neuseelandreise im Dezember auch noch eine (nett ausgedrückt) "etwas ungewöhnliche" Advents- und Weihnachtszeit. Adventskalender sind hier nicht sonderlich verbreitet, obwohl man sie vereinzelt im Supermarkt findet. Wir haben jedoch neben Claudias Bierkalender von Léans Gotti (liebe Schwaben: das ist ihre Patentante) einen tollen Bilderkalender pro Kind, an dem Maël mit Begeisterung jeden Tag ein Bild vom winterlichen Basler Marktplatz öffnet, während es bei Léan auch mal zwei oder drei Türchen sein können... ;-) 

 

Adventskränze gibt es hier gar keine und auch die Weihnachtsbeleuchtung fehlt - weil es natürlich auch keinerlei dunkle Dezemberabende gibt, an denen man sich diese Lichter herbeisehnt. Man findet etwas Weihnachtsgebäck (vor allem Shortbread, wie man es aus Schottland kennt) und weitere englische Weihnachtsspezialitäten, aber beispielsweise keine Keksausstecher, wie wir sie kennen. Trotzdem haben wir es geschafft, pünktlich am 1. Dezember "Mailänderli" zu backen - wobei wir Gingerbread Men zum Ausstechen und Zitronen aus dem eigenen Garten benutzt haben. 

 

Und dann gibt es da noch lustige Christmas Parades - die uns eher an einen mickrigen Faschingsumzug erinnern (die Basler Fasnacht wollen wir da nicht mal als Vergleich anfügen - sorry, liebe Schwaben...). Hier fährt der Santa im T-Shirt herum, die Heilsarmee singt in Shorts und Maria und Josef laufen gleich neben Chewbacca und der Zahnfeh durch die Stadt...

 

Wir feiern Weihnachten dieses (also nächstes) Jahr übrigens hochoffiziell am 25. Januar, wenn wir wieder in der kalten Schweiz sind. Mit Weihnachtsbaum und Lichtern und Weihnachtsliedern und einer Weihnachtsgeschichte und Geschenken und allem drum und dran - wir wollen ja bei den Kindern kein Weihnachtstrauma hinterlassen... 

Nelson ist jedoch trotz Christmas Parade unser absoluter Traumort am anderen Ende der Welt - und der erste Ort auf unserer Reise, an dem ich wahrscheinlich wirklich für immer bleiben könnte. Aber da wir uns sooo sehr auf unsere Familie und unsere Freunde daheim freuen, besteht da keine Gefahr.

 

Und damit ich weiss, dass ihr auch ab und zu mal an uns denkt, jetzt bitte unten auf den Text klicken und so laut singen, dass ich es bis ans andere Ende der Welt höre:

 

Let it go, let it go, can't hold it back anymore.

Let it go, let it go, turn away and slam the door.

I don't care what they're going to say,

let the storm rage on

- the cold never bothered me anyway...

 

Und zu meinem Geburtstag (7. April) hätte ich gerne eine Anna-Elsa-Olaf-Torte - bitteeeeeeee.... ;-)

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Kommentare: 3
  • #1

    Rosi (Montag, 09 Dezember 2019 07:39)

    Ihr seid super�Geniesst es in vollen Zügen..
    Wünsche euch schöne Festtage�

  • #2

    Dominik (Dienstag, 10 Dezember 2019 18:59)

    Danke für den tollen Reisebericht. War motiviert wiedermal zu lesen um sicher zu sein, dass ihr nicht auf White Island seid.
    LG Dominik

  • #3

    Thomi (Donnerstag, 19 Dezember 2019 17:21)

    ..."einen tollen Bilderkalender, an dem Maël mit Begeisterung jeden Tag ein Bild vom winterlichen Basler Marktplatz öffnet": Cool, dass es "White Christmas in Basel" wenigstens in Neuseeland gibt! Hier ist es wieder einmal "seichwarm" und somit wird wieder nichts mit weissen Weihnachten (übrigens seit 2010 ist das nun schon so...).

    Euch auf alle Fälle "Merry Christmas and a Happy New Year" bei gleichen Temperaturen wie hier... (Wow, ist das poetisch...)